Prävention der Medienabhängigkeit

Selbsthilfe

#SocialDistancing – Wie halte ich mit meinem Medienkonsum während Corona die Balance?

Die letzten Wochen und Monate waren nicht wirklich einfach. Es trat schnell der Eindruck auf, dass jede*r eine ganz eigene Form der Pandemie erlebt. Menschen durften sich plötzlich nicht mehr treffen, Eltern mussten vielfach die Schule oder die Kita ersetzen und die Älteren durften Kinder und Enkel nicht mehr sehen. Und das sind nur die in den Medien am häufigsten genannten Beispiele. 

Sicher, ein Teil unserer sozialen Kontakte können wir online über Videochat, Messenger oder Ähnliches aufrechterhalten. Aktivitäten wie Spiele, Treffen usw. können ebenfalls ins Digitale verlegt werden. Doch birgt diese Verschiebung nicht Risiken? Einige warnen bereits vor rasant ansteigenden Zahlen von Medienabhängigen. Verlässliche Beweise für oder gegen solche Annahmen gibt es bisher allerdings nicht. Aber was kannst du ganz konkret für dich tun, damit es erst gar nicht zu einer problematischen Mediennutzung kommt?

Die Art und Weise der Nutzung von neuen Medien gibt Hinweise darauf, ob sich der Konsum verändert hat. Welche Medien dabei genutzt werden, also ob z. B. Spiele gezockt oder auf Social Media gesurft wird, Videos und Serien geschaut werden usw., ist egal. Wichtig ist, dass nicht die Kontrolle über das eigene Verhalten verloren geht. Das bedeutet, dass nicht zu häufig, zu lange bzw. bis tief in die Nacht oder in einer unangemessenen Situation neue Medien genutzt werden. Die Mediennutzung darf auch nicht wichtiger werden als andere alltägliche Aktivitäten wie z. B. Freunde treffen, die eigene Familie und Hobbies pflegen, Schule besuchen, Beruf ausüben usw. Nimmt der Medienkonsum überhand und Betroffene verlieren die Kontrolle, setzen sie den Konsum trotz negativer Konsequenzen durch die Vernachlässigung der wichtigen, anderen Lebensbereiche fort. Die negativen Konsequenzen hieraus zeigen sich dann meist im persönlichen und sozialen Umfeld zuerst. Es droht z.B. der Abgang von der Schule ohne Abschluss, die Kündigung durch den Arbeitgeber, die Trennung der Beziehung, der Abriss des Kontaktes zu Familie und/oder Freunden usw. Trotz all dieser Folgen, setzen problematisch Nutzende ihr Verhalten häufig über einen langen Zeitraum fort, ohne es als Problem zu erkennen. 

Corona hat von heute auf morgen unseren Alltag verändert. In den sozialen Netzwerken kam schnell der Begriff „Social Distancing“ auf. Gemeint ist damit, die eigenen sozialen Kontakte bis auf ein Minimum zu reduzieren, um das Risiko einer Ansteckung und damit die Verbreitung von Covid-19 zu senken. Schnell haben sich Tätigkeiten und Kontakte ins Digitale verlegt. Statt sich real zu treffen, hielten Freunde nun Videochats ab. Statt gemeinsam Sport zu treiben, wurde zusammen gezockt usw. Es gab ja auch sonst nichts zu tun. Oder doch? Hat dich #Socialdistancing zu einer verstärkten Mediennutzung gezwungen oder war es nicht vielleicht bequemer und einfacher, die allgegenwärtigen Angebote des Internets anzunehmen? Einfacher jedenfalls, als darüber nachzudenken, was man mit der vielen Freizeit alles anstellen kann. Klar, spazieren gehen und (video)telefonieren ist gut aber eben nur ein Ersatz für das, was du eigentlich viel lieber machen würdest. Jetzt, wo dein Leben wieder langsam an Fahrt aufnimmt, ist also ein guter Zeitpunkt darüber nachzudenken, wie die eigene Mediennutzung der letzten Wochen ausgesehen hat und wie es zukünftig werden soll. Denn selbst wenn es zu neuen Einschränkungen deines Alltages kommt, kann es nicht verkehrt sein, einen Blick auf den eigenen Medienkonsum zu werfen und sich zu fragen, ob dieser aus der Balance geraten ist. Das wäre beispielsweise der Fall, wenn er vermehrt den Platz von Aktivitäten einnehmen würde, welche vorher nicht digital stattgefunden haben.

Sich neu (er)finden ist nie einfach. Eigene Interessen auszuloten und neue Freizeitbeschäftigungen zu finden, kostet uns Energie, Zeit und je nach Aktivität auch Geld. Trotzdem sind Interessen, denen auch offline nachgegangen werden kann, ein guter Ansatzpunkt. Sie setzen nicht die Nutzung neuer Medien voraus und erlauben dir einfacher das Einhalten von Grenzen für deine tägliche Mediennutzung. Im Englischen wird hier häufig von „Screen Time“, also der Zeit, die wir mit/vor einem Bildschirm verbringen, gesprochen. Genau für diese Screen Time solltest du dir ein tägliches Limit setzen. Tätigkeiten, welche nicht zur Freizeitbeschäftigung dienen wie z. B. Home-schooling (Unterricht von Zuhause), brauchst du nicht einrechnen. Es geht aber nicht nur um Dauer und Häufigkeit des eigenen Medienkonsums. Der Anlass spielt gerade bei den problematischen Nutzungsformen eine wichtige Rolle. Langeweile oder der Wunsch, der eigenen Situation zu entfliehen, sollte kein Anlass für den Konsum neuer Medien für dich sein. Neue Medien sollen nicht ständig und allein zum Stressabbau genutzt werden. Grundsätzlich ist z.B. gegen „Netflix & Chill“ nichts einzuwenden, solange auch andere „Ventile“ wie z.B. Sport treiben, sich mit Freunden treffen usw. zum Abbau von Stress und Druck genutzt werden. Gleiches gilt, wenn du dich in einer emotionalen Ausnahmesituation befindest, also z.B. aufgeregt oder traurig bist. Auch hier ist der Konsum von neuen Medien, um sich nicht mit den eigenen Gefühlen befassen zu müssen, der falsche Ansatz. Sprich lieber mit jemandem, dem du vertraust, und rede dir den Ärger sprichwörtlich von der Seele. Auch die Nutzung von Social Media kann problematisch werden. Social Media spiegelt uns eine perfekte Welt, die es so nicht gibt. Dein Selbstbild und die Meinung von anderen Menschen zu deiner Person sollte kein Anlass für deine Mediennutzung darstellen. Jeder Mensch ist einzigartig und hat eigene Fähigkeiten. Der Trick ist, diese Stärken für sich selbst zu entdecken.

Unser Körper gibt uns ständig Signale, wenn es ihm nicht gut geht oder, wenn wir ihn nicht gut behandeln. Wer zu lange sitzt, bekommt Rückenschmerzen, wer sich zu sehr verausgabt Muskelkater, wer zu viel Alkohol trinkt einen Kater usw. Achte gerade jetzt auf dich, indem du auch auf deinen Medienkonsum schaust. Wenn du unsicher bist, ob dein derzeitiger Medienkonsum dir nicht gut tut und vielleicht schon problematisch ist, kannst du hier einen Selbsttest machen.